Antipsychotika: beibehalten oder ausschleichen?

Antipsychotika: beibehalten oder ausschleichen? Diese Frage ist ein zentrales Dilemma bei der Anwendung von antipsychotischen Medikamenten bei Patienten mit Schizophrenie, insbesondere bei neu diagnostizierten Patienten, und eine alltägliche Herausforderung für Kliniker und ihre Patienten.

Es hat sich gezeigt, dass die Behandlung mit antipsychotischen Medikamenten das Risiko eines Rückfalls nach einer Remission zumindest kurzfristig reduziert, weshalb Leitlinien den Einsatz als Erhaltungstherapie befürworten1. Aber es ist immer noch nicht genau bekannt, welche Patienten die antipsychotische Medikation ohne einen Rückfall zu erleiden wieder ganz absetzen können.

2 Meta-Analysen zu Antipsychotika in der Rückfallprävention

Zwei Meta-Analysen randomisierter klinischer Versuchsreihen verglichen den Einsatz von antipsychotischer Medikation vs. Placebo in der Rückfallprävention1,2. Beide stützen die Annahme, dass der Einsatz von Antipsychotika im Vergleich mit Placebo das Risiko eines Rückfalls reduziert1.

Allerdings sind alle Medikamente, einschliesslich Antipsychotika, mit dem Risiko von Nebenwirkungen verbunden [Ref 1]. Da 50-60% der Patienten mit einer ersten psychotischen Episode (FEP) bei der 10-Jahres-Nachbeobachtung in Remission waren und fast die Hälfte davon ihre antipsychotische Medikation abgesetzt hatte, begannen Forscher eine Dosisanpassung anstelle der Erhaltungstherapie als alternative Strategie zu untersuchen3, 4.

TAILOR-Trial

Die TAILOR-Studie läuft seit 2017 und vergleicht die antipsychotische Erhaltungstherapie mit einer engmaschig überwachten Dosisreduktion oder einem Absetzen der antipsychotischen Medikation bei 250 dänischen Patienten mit neu diagnostizierter Schizophrenie oder persistierender wahnhafter Störung. Nach einer einjährigen, randomisierten Interventionsphase wird die Remission der psychotischen Symptome zu Beginn der Studie und nach den 1-, 2- und 5-Jahres-Follow-ups beurteilt5.

Es hat sich gezeigt, dass Antipsychotika im Vergleich zu Placebo das Risiko eines Rückfalls reduzieren

REDUCE-Trial

In einem ähnlichen Versuch - der REDUCE-Studie aus Australien - wollen Forscher untersuchen, ob eine Reduktion der antipsychotischen Dosis bei 180 jungen Menschen mit erster psychotischer Episode im Vergleich mit der Erhaltungstherapie zu einer besseren funktionellen Erholung führen kann 6.

RADAR-Trial

In Grossbritannien läuft derzeit die RADAR-Studie (Research into Antipsychotic Discontinuation and Reduction). Die randomisierte klinische Versuchsreihe bei Patienten mit Schizophrenie oder vergleichbaren psychischen Erkrankungen mit einer oder mehreren früheren psychotischen Episoden hat den Vergleich der sozialen Funktionsfähigkeit beim Follow-up nach 24 Monaten zum Ziel. Den Studienteilnehmern wurden randomisiert eine von zwei Studiengruppen zugewiesen: Bei der ersten wurde die antipsychotische Medikation beibehalten, bei der zweiten erfolgte eine Dosisreduktion oder die Absetzung der Medikation. Der Bericht wird im Jahr 2022 erwartet7.

HAMLETT-Trial

Die Ergebnisse von vier klinischen Studien, in denen die Beibehaltung der antipsychotischen Medikation bei Personen in Remission nach einer psychotischen Episode mit einer Anpassung oder Reduzierung der Dosis verglichen wird, werden mit Spannung erwartet

Kürzlich haben niederländische Forscher die HAMLETT-Studie angekündigt. Die multizentrische, einfach verblindete RCT untersucht die Auswirkungen einer fortgesetzten antipsychotischen Medikation im Vergleich zu einer Dosisreduktion oder einem Absetzen der antipsychotischen Medikation bis zu einem Jahr nach Remission einer ersten psychotischen Episode auf die persönliche und soziale Funktionsfähigkeit, den Schweregrad der psychotischen Symptome und die HR-QoL. Die Forscher werden Ihre Resultate im Jahr 2026 vorstellen8.

Weltweit werden die Ergebnisse dieser vier Studien mit grosser Spannung erwartet.

Referenzen
  1. Leutch S, et al Lancet 2102;379:2063-71
  2. Zipursky RB, et al. Schizophr Res 2014;152:408-14
  3. Morgan C, et al. Psychol Med 2014;44:2713-26
  4. Gotfredsen D, et al. Psychol Med 2017;47:2118-29
  5. Stürup AE, et al. Trials 2017;18:445-456
  6. Weller A, et al. Early Intervention in Psychiatry 2018;13:1345-1356
  7. Moncrieff J, et al. BMJ Open 2019;9 e030912. doi:10.1136/bmjopen-2019-030912
  8. Begemann MJH, et al. Trials 2020;21:147-65
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